Teil 2 der BM-Serie „Schreinerei 4.0“ – Die Arbeitsvorbereitung der Zukunft: von 2D zu 3D

Die Software-Auswahl endet oft mit einer Fehlentscheidung. In diesem zweiten Teil der BM-Serie „Schreinerei 4.0“ erfahren Sie, warum das so ist und wie Sie vorgehen müssen, um für Ihren Betrieb das richtige CAD/CAM-Werkzeug zu finden. MARKUS FAUST

Vernetzte 3D-CAD-Systeme und flexible Fertigungsprozesse sind unerlässlich, wenn man als Schreinerei auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleiben will. Gleichzeitig ist es aber eine große Herausforderung, aus dem undurchsichtigen Software-Dschungel das richtige Programm auszuwählen. Ich werde immer wieder gefragt, welches das beste CAD/CAM-System am Markt ist. Gerne antworte ich mit einer Gegenfrage: „Was ist Ihrer Meinung nach das beste Auto?“ Häufig kommt dann die Antwort „Das kommt drauf an.“ Richtig. Es kommt darauf an, ob Sie auf der Rennstrecke oder im Gelände fahren oder einfach nur möglichst komfortabel von A nach B kommen wollen. Um das richtige Programm für Ihr Unternehmen zu finden, müssen Sie folglich zuerst definieren, was Sie damit erreichen wollen. Und genau dieser Punkt wird leider sehr häufig unterschätzt oder sogar komplett ignoriert.

Sie brauchen nicht das beste Programm
Solange Sie also nach dem besten CAD/CAM-Programm Ausschau halten, werden Sie niemals Klarheit bekommen. Sie müssen nach dem richtigen Programm suchen. Viel zu häufig liegt der Fokus auf dem Bildschirm. Betriebe urteilen nur danach, was ihnen auf Messen oder mit Präsentationen visuell dargeboten wird. Was fehlt, ist eine saubere Analyse im Vorfeld: Wo soll Ihr Unternehmen in fünf Jahren stehen? Mit welchen 20 % Ihrer Produkte und Dienstleistungen machen Sie in Zukunft 80 % des Umsatzes? Wer ist Ihre favorisierte Zielgruppe? Welche Eigenschaften müssen Ihre Dienstleistungen und Produkte aufweisen, um dieser Zielgruppe den maximalen Nutzen zu stiften? Liegt der Fokus
auf Qualität, Variabilität, Flexibilität oder Geschwindigkeit? Wenn Sie sich diese Fragen beantworten, werden Sie Schritt für Schritt Klarheit über die Kernprozesse Ihrer Fertigung erlangen. Daraus können Sie ableiten, welche Anforderungen an Ihr CAD-Werkzeug elementar sind und welche wünschenswert wären.

Entfliehen Sie dem Wahnsinn
Akzeptieren Sie, dass es keine Eier legende Wollmilchsau gibt. Sie werden Kompromisse eingehen müssen. Die Wahl ist ein Spagat zwischen Prozesssicherheit, Flexibilität und Performance. Je höher die Anforderungen in einem der drei Bereiche sind, desto größer muss Ihre Kompromissbereitschaft in den anderen Punkten sein. Häufig lautet eine der Kernfragen bei der Entscheidungsfindung: Kann das neue Werkzeug vorhandene Teilprozesse beschleunigen? Neue Systeme auf alte Prozesse zu legen ist jedoch pure Verschwendung. Wie schon Einstein sehr treffend sagte: „Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“ Wenn Sie das neue CAD/CAM-System eins zu eins auf vorhandene Prozesse legen, wird es niemals glänzen können. Das wäre ungefähr so, wie wenn Sie bei einem Rennwagen nur die ersten beiden Gänge bedienen. Wenn Sie von 2D auf 3D wechseln, muss nicht nur das Wodurch hinterfragt werden, sondern auch das Wie. Dazu ein Beispiel: Gehen wir ein paar Jahre zurück in die Zeit, als es nur das klassische Handy gab. Mit diesem konnte man telefonieren und SMS schreiben. Das Smartphone hat nicht nur das Werkzeug an sich verändert. Nein, es hat die komplette Philosophie, viele Prozesse und den allgemeinen Umgang mit Handys verändert – Stichwort Internet, E-Mails, Social Media, um nur ein paar Wenige zu nennen.
Genau dieses Umdenken benötigen Sie auch in Ihrem Unternehmen. Sie müssen bereit sein, Ihre Prozesse zu verändern und neue Wege zu gehen. Ansonsten haben Sie ein Werkzeug, das bei annähernd demselben Nutzen in Summe womöglich teurer ist als das alte. Das Smartphone hat nur deshalb im Markt einschlagen können, weil es das Anwenderverhalten, ja fast schon das Lebensbild vieler Menschen verändert hat. Wenn Sie nicht bereit sind, beim Wechsel von einem klassischen 2D- zu einem modernen 3D-CAD-System Ihre Prozesse grundlegend zu überdenken, werden Sie garantiert keinen nennenswerten Erfolg haben.

Leistung definiert sich über Qualität
Eine weitere Tatsache ist, dass die Qualifizierung der CAD/CAM-Systeme meist nur über den Faktor Zeit geht, nach dem Motto „Ist es schneller, dann ist es besser. Ist es langsamer, lassen wir die Finger davon.“ Erlauben Sie mir einen kurzen Exkurs in die Physik: Leistung ist per Definition Arbeit geteilt durch Zeit. Die Frage dabei ist: Was ist Arbeit? Für Schreiner und Tischler ist Arbeit letztlich die Qualität innerhalb der Fertigung. Das heißt in der Folge: Leistung = Fertigungsqualität / Zeit. Ich frage Sie: Messen Sie in Ihrem Betrieb kontinuierlich die Qualität? Können Sie aus dem Stegreif sagen, wie viele Teile von hundert bei Ihnen unter Nacharbeit laufen? Haben Sie die Kostenstelle Nacharbeit eingeführt? Wie hoch sind Ihre jährlichen Personalund Materialkosten resultierend aus Nacharbeit? Vorschnelle Aussagen wie: „3D ist zu langsam“ oder „3D ist zu aufwendig“ sind schlicht zu kurz gedacht. Das sind Glaubenssätze, die letztlich nicht die komplette Leistung widerspiegeln. Systeme nur über die Zeitkomponente zu beurteilen, ist nur die halbe Wahrheit. Erst mit dem Faktor Qualität wird die Sache rund.

Die Anschaffungskosten werden überschätzt
Eine wesentliche Rolle spielt natürlich auch die Wirtschaftlichkeit. Die Anschaffungskosten sind dabei noch das kleinste Übel. Ja, sie haben richtig gelesen. Selbstverständlich dürfen wir die Anschaffungskosten nicht unter den Tisch kehren. Doch mindestens genauso wichtig sind die Einführungs- und Unterhaltskosten. Als grobe Hausnummer gilt: Für die Einführung fallen etwa dieselben Kosten an, wie für die Anschaffung. Kurz: Anschaffungskosten x 2 = eingeführtes System. Die jährlichen Unterhaltskosten kommen dann noch oben drauf. Wartung, Updates und Hotline sind dabei noch nicht alles. Vergessen Sie Ihre Knowhow-Träger nicht: Sie müssen Ihre Vorlagen pflegen und die Mitarbeiter schulen. Datenbankbasierende CAD-Systeme fordern dem Mitarbeiter deutlich mehr Knowhow-Tiefe ab, was leider oft vergessen wird. Und die klassische Fluktuation zwingt Sie, immer wieder neue Mitarbeiter mit den entsprechenden Kompetenzen zu finden. Zwei Fragen sind dabei elementar: Wie leicht ist die notwendige Kompetenz am Markt abgreifbar und wie lange braucht ein neuer Mitarbeiter, um das unternehmensnotwendige Knowhow aufzubauen? Die Realität sieht leider häufig so aus, dass Entscheidungen maßgeblich anhand der Anschaffungskosten getroffen werden. Die Faktoren Unterhalt und Einführung werden oft ignoriert oder unterschätzt. Die Folge daraus: Man investiert, man schult und am Ende ist man verwundert, warum es nicht richtig läuft, meist in der Annahme, die Software sei schuld.

Harte Arbeit, die sich lohnt
Zwei Dinge sollten Sie niemals unterschätzen, wenn Sie planen, eine neue Software einzuführen: erstens die menschlichen und monetären Anstrengungen, welche eine 3D-CAD/CAM-Umstellung verursacht. Zweitens den Quantensprung, den Sie durch eine erfolgreich vernetzte Fertigung ganz sicher machen werden.

Schreinerei 4.0: Der Werkstatt-Workshop für Bessermacher

Machen Sie endlich Schluss mit der Zeitverschwendung in Werkstatt und Büro – durch runde Abläufe und optimal auf einander abgestimmte Prozesse. Verknüpfen Sie die analoge Welt mit der digitalen. Unterstützen Sie Ihr Handwerk mit guter Lagerhaltung und sinnvollem Software-Einsatz. Bei unseren Werkstatt-Workshops zeigen Ihnen drei Experten aus dem Schreiner- und Tischlerhandwerk Wege auf, wie Sie Arbeitsvorbereitung, Fertigung und Lagerhaltung in den Griff und unter einen Hut bekommen.

Termine und Preise

Der eintägige Workshop (je ca. 8.45 bis 16.15 Uhr) findet an drei Orten statt:

  • Hannover, 22. August 2017
  • Köln, 5. Oktober 2017
  • Augsburg, 14. November 2017

Die Kursgebühr inkl. Verpflegung beträgt 295 Euro netto pro Teilnehmer, für jeden weiteren Teilnehmer aus demselben Betrieb nur 200 Euro. Mindestteilnehmerzahl: 20 Personen je Veranstaltung.

Die Referenten

Markus Faust, effektive Arbeitsvorbereitung im Innenausbau
www.av-line-consulting.de

Martin Buck, Werkstattorganisation für Schreiner und Tischler.
www.buckoptimal.de

Christof Högemann, Lageroptimierung.
www.christof-hoegemann.de

Zielgruppe
Der Workshop richtet sich an Schreiner, Tischler und Fensterbauer, die nur eines im Sinn haben: aus Ihren Fertigungsprozessen das Maximale heraus zu holen. Inhaber und solche, die es werden wollen. Nachfolger. Meister und Techniker. Produktionsleiter und Werkstattverantwortliche. Planer und Arbeitsvorbereiter.